3. September 2025

Zahnstein beim Hund – Warum eine Behandlung ohne Narkose nicht ausreicht


Immer mehr Hundesalons bieten Zahnsteinentfernungen ohne Narkose an. Dabei werden entweder Ultraschallzahnbürsten oder spezielle Haken verwendet, um sichtbaren Zahnstein zu entfernen. Für viele Hundebesitzer klingt das verlockend:
„Super – mein Hund braucht keine Narkose!“

Doch genau hier liegt das Problem. Diese oberflächliche Reinigung sorgt zwar für ein sauberes Aussehen, bekämpft aber nicht die Ursache – und kann im schlimmsten Fall sogar Schaden anrichten.


Was wird entfernt – und was bleibt?

Bei der kosmetischen Zahnsteinentfernung wird nur das entfernt, was man sieht: der harte Belag auf der Zahnoberfläche.
Was man nicht sieht – der gefährliche Teil – bleibt unbehandelt.

Denn der wirklich problematische Zahnstein liegt unter dem Zahnfleisch, in sogenannten Zahntaschen. Dort lagern sich Bakterien und Beläge ab, die Entzündungen verursachen und auf Dauer den Zahnhalteapparat zerstören – das ist dann eine Parodontitis.

Besonders betroffen: Kleine Hunderassen

Gerade kleine Hunde wie Yorkshire Terrier, Malteser oder Chihuahuas neigen zu tiefen Zahntaschen – und somit auch verstärkt zu Parodontose. Diese Erkrankung verläuft schleichend, oft unbemerkt – bis plötzlich ein Zahn ausfällt.


Ein Fall aus der Praxis

Ein 10-jähriger Malteser-Rüde wurde vorgestellt, weil ein Schneidezahn ausgefallen war. Ein zweiter wackelte bereits.
Die Besitzer waren überrascht – schließlich wurde jedes Jahr beim Hundefriseur Zahnstein entfernt, ganz ohne Narkose.

Bei der Untersuchung zeigte sich das ganze Ausmaß: Zwölf Zähne mussten gezogen werden.
Warum? Weil sich unter dem Zahnfleisch tiefe Zahntaschen gebildet hatten, die nie erkannt oder behandelt wurden.


Was man nicht sieht, kann gefährlich sein

Ein Beispiel zeigt das Problem anschaulich:

  • Bild 1: Ein Eckzahn mit leichtem Zahnstein – sieht harmlos aus.
  • Bild 2: Mit der Parodontalsonde messen wir die Tiefe der Zahntasche.
  • Bild 3: Die Sonde zeigt: Die Tasche ist 8 mm tief – normal wären etwa 2 mm.

In diesen tiefen Taschen sammeln sich Bakterien, die den Knochen angreifen. Die Folge: Der Zahn lockert sich und fällt im schlimmsten Fall aus.


Was braucht ein Hund mit Parodontitis?

  • Regelmäßige Zahnpflege zu Hause: Ja, auch Hunde sollten regelmäßig Zähne geputzt bekommen- und bei Parodontitis tatsächlich täglich. Das verhindert Beläge und beugt neuen Taschen vor.
  • Professionelle Zahnreinigung beim Tierarzt: Nur unter Narkose kann der Zahnarzt auch unter dem Zahnfleisch reinigen, Taschen ausmessen und entzündetes Gewebe entfernen. Diese Behandlung ist medizinisch notwendig – nicht nur kosmetisch.

Ist eine Narkose nicht gefährlich?

Viele Tierhalter haben berechtigterweise Respekt vor einer Narkose. Deshalb führen wir vor jeder Zahnsanierung eine gründliche Voruntersuchung durch. Je nach Alter und Gesundheitszustand des Tieres empfehlen wir zusätzlich eine Blutuntersuchung zur Einschätzung des Narkoserisikos.

Die Behandlung selbst erfolgt unter moderner Inhalationsnarkose, das Tier wird dabei intubiert.
Wir überwachen alle Herz-Kreislauf-Funktionen kontinuierlich per Monitor – so können wir das Risiko auch bei älteren oder vorerkrankten Tieren deutlich senken.


COHAT – Mehr als nur Zahnsteinentfernung

Die professionelle Zahnsanierung beim Tierarzt wird als COHAT bezeichnet:
Comprehensive Oral Health Assessment and Treatment.

Das bedeutet:

  • Jeder Zahn wird einzeln untersucht
  • Zahntaschen werden gemessen
  • Röntgenaufnahmen werden bei Bedarf gemacht
  • Zahnstein und entzündetes Gewebe werden gründlich entfernt

Diese umfassende Behandlung ist der einzige Weg, die tatsächliche Zahngesundheit Ihres Hundes zu erhalten oder wiederherzustellen.


Fazit

Die Entfernung von sichtbarem Zahnstein ohne Narkose mag praktisch erscheinen – sie ist jedoch medizinisch unzureichend.
Wirklich gefährlich ist der Zahnstein, den man nicht sieht – in den Zahntaschen unter dem Zahnfleisch.

Nur eine professionelle Zahnsanierung unter Narkose kann diesen Bereich sicher und gründlich behandeln.
Für die Gesundheit, das Wohlbefinden – und den Zahnerhalt – Ihres Hundes ist das der einzige sinnvolle Weg.